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Keiler im Sturmtief

Autor: Datum: 24.01.2018

Während das Tief Friederike in vielen Teilen Deutschlands große Schäden anrichtete, zog der Sturm größtenteils an uns vorbei und brachte dafür den lange ersehnten Schneefall mit sich. Seit Tagen plagte mich eine Erkältung mit starkem Husten und das Sofa schien verlockend, doch die Kirrungen waren alle angenommen und der Wind passte optimal. Die Gelegenheit war günstig für einen Ansitz auf Sauen! So kletterte ich bewaffnet mit meiner Helix, Taschentüchern, Hustenbonbons, Handwärmern und Patronen auf meine Lieblingskanzel. Eine Ricke mit zwei Kitzen und ein Bock im Bast hatten sich bereits eingefunden und mein Erscheinen nicht bemerkt. Kurze Zeit später trat ein Alttier mit seinem Kalb auf den schneebedeckten Acker. Ich hatte es schon einige Male beobachtet, es kam immer im Dunklen und stets ohne Anschluss an ein Rudel. Falls es mir einmal doch im Hellen begegnen sollte, müsste mir eine Dublette gelingen, denn ich wollte das Alttier auf keinen Fall alleine zurücklassen. Zwischendurch übermannte mich immer wieder der stechende Reiz im Hals und ich nutze das wiederkehrende Rauschen der vorbeifahrenden Autos an einer nahegelegenen Straße, um meinem Husten freien Lauf zu lassen. Nach einiger Zeit hoben die Rehe plötzlich das Haupt und ein riesiger schwarzer Basse stand im Schutze der Ginsterbüsche, beobachtete das Treiben, holte Wind, verschwand im Waldrand um nach kurzer Zeit wieder nach dem Rechten zu sehen. Das Rehwild äste unbeeindruckt weiter und irgendwann hatte der schwarze Riese genug und verschwand ganz im Wald, ohne auch nur ein einziges Mal mehr als seine Scheibe aus den Ästen gestreckt zu haben. Ich musste nicht lange warten, da erschien ein kleinerer Keiler hinter den Büschen, beobachtete das Rehwild, tauchte dann spitz an einer anderen Stelle auf, schnellte hervor und verschwand sofort wieder mit einer Maus im Gebrech. Nach anderthalb Stunden des Wartens zog das Rehwild ab und der Keiler trottete in Richtung Kirrung, stand jedoch noch weit dahinter, verdeckt von dem Fuß eines Mastes. Ich machte mich bereit, nutzte den Augenblick, als er ganz frei Stand und zielte Hochblatt, da ich mit einer weiten Entfernung rechnete. Ich schoss, der Keiler ging sofort zu Boden und regte sich nicht mehr. Alttier und Kalb flüchteten vom Acker Richtung Waldkante, blieben aber kurz davor stehen und blickten immer wieder nach rechts zur Straße. Sie konnten meinen Schuss durch den Schalldämpfer nicht richtig orten. Auch das Rehwild, das sich in einer Wiese niedergetan um widerzukäuen, schien unbeeindruckt. Erst als mich der nächste starke Hustenreiz überkam, den ich nicht mehr bremsen konnte, verschwanden alle von der Bildfläche. Ich schätzte den Keiler auf einen kleineren Überläufer, vor allem im Vergleich zu dem fast doppelt so großen Bassen. Doch je näher ich kam, desto größer wurde er! Der Schuss saß genau dort, wohin ich gezielt hatte. Es war ein ca 3jähriger Keiler, abgerauscht auf 80kg. Am nächsten Tag konnte ich das handflächengroße Trittsiegel des Bassen im Schnee entdecken. Ich hoffe, es bleibt noch ein paar Tage weiß und der nächste Vollmond steht vor der Türe, dieses Mal gesund und ohne Husten!

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