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Der letze Bock in Vaters Revier

Autor: Datum: 23.10.2017

Auf der ständigen Suche nach neuen jagdlichen Eindrücken treibt es uns oft in die unendlichen Weiten Skandinaviens oder den tiefen Busch nach Südafrika. Hier erlebte ich schon einige Abenteuer die ich im waidmännischen Gedächtnis gespeichert und in meinem Jagdtagebuch verewigt habe. Dass sich aber mal wieder ein braver Eifel-Bock dazugesellen würde, damit hatte ich so gar nicht gerechnet.
Es war zunächst erst einmal Wehmut der sich breit machte. Mit nunmehr 74 Jahren, davon knapp 50 Jagdjahre, entschied sich mein Vater, das Revier in der Eifel abzugeben – zu meiner vollen Enttäuschung. Nicht, weil dann eine Jagdgelegenheit weniger offen wäre, sondern weil ich in diesem Revier jagdlich auf- und mit meinem Vater zusammengewachsen bin. Doch der Beutetrieb lässt mit dem Alter nach. Ganz besonders, wenn man schon viele Länder der Welt bereist und ebenso vielen Wildarten dort nachgestellt hat. Gerne lese ich immer die Geschichten, bei denen Jäger Böcke über Jahre verfolgen und dann, sofern die Zeit reif ist, den lang Ersehnten „ernten“. Das ich auch einmal ein Teil einer solchen Geschichte werden würde, hätte ich nun wirklich nicht gedacht.
Bockjagd 3Ich liebe morgendliche Ansitze im Sommer – ganz besonders zur Blattzeit. Und hier kommt auch nur ein Sitz für mich in Frage, ein offener auf einer Anhöhe, mit weitschweifendem Blick ins Tal. Hier hatte ich in den letzten Jahren immer mal wieder einen guten Bock vorgehabt, der seinen Standort über die ganze Zeit erfolgreich gegen jeden Eindringling verteidigte und den ich bereits im letzten Jahr erlegen wollte. Doch es wollte einfach nicht
gelingen, mal kam ich morgens zu spät, mal spielte der Wind nicht mit oder auch die ein oder andere Ricke, die ihn mir weglockte. Zur diesjährigen Blattzeit fokussierte ich wieder meinen favorisierten Sitz, jedoch nicht mit
der Absicht den Alten zu verfolgen, sondern eher einen seiner Nebenbuhler. Kaum hatte ich die zweite Liebesserenade ertönen lassen, traten auch zwei junge rote aus, von denen einer passte. Ich wollte mich gerade fertigmachen und während ich nach links zu meiner Helix griff, traute ich meinen Augen nicht: der Alte! Aber, wie auch im letzten Jahr, war die Verlockung in Form eines weiblichen Stückes zu stark und er machte sich einmal mehr davon. Frustriert, denn auch der Junge war inzwischen wieder im Busch verschwunden, packte ich
die Waffe wieder an ihren Platz und beschäftigte mich damit, meine Euphorie zu beschwichtigen. Bis dann das kam, was ich bis heute kaum glauben kann und was für mich Jagd ausmacht: der Alte wollte es doch tatsächlich wissen und zog, zunächst ungesehen und dieses Mal von rechts, hoch Richtung Bestand. Meine Reaktion und die flüssigen Bewegungen ließen überhaupt kein Bockfieber zu – erst nach dem Schuss, den der Alte nicht mehr vernommen hatte.
Bockjagd 2Ich bin traurig über die Tatsache, dass mein Vater sein Revier abgeben wird. Groß hingegen ist die Freude aber darüber, dass mir solch ein Erlebnis dort zu Teil wurde. Ich werde es nie vergessen.

~Cedric Rauhaus, Waydwerk~

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