Jagen im Schutzwald
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Datum: 26.01.2017Um 8:00 Uhr klingelt der Wecker. In der Hütte ist es empfindlich kalt. Der alte Küchenofen schlingt gierig ein paar Holzscheite durch den Kamin, spendet zaghaft etwas Wärme. Bald duftet Espresso aus der kleinen Bialetti-Maschine, dazu ein Erdbeermarmeladenbrot. Nachdem sich auch der Hund aus den Schlafsäcken bequemt hat, kann‘s losgehen: Aufbruch zur Jagd!
Nach kurzer Fahrt bleibt das Auto zurück. Mitgenommen werden eine Kraxe, Leine, Bergstock, Kamera und ein 8x32er Leica, dazu Messer und ein kleines Erste-Hilfe-Set. Ich trage eine luftige Mesh-Cap, Merino-Wäsche, die querelastische PALAEARKTIS MNTN Hose von Merkel GEAR und steigeisenfeste Stiefel – dann nimmt uns der Bergwald auf.
Langsam geht es einem deutlich verwitterten Pirschsteig entlang nach oben. Zweieinhalb Stunden wird es dauern, bis wir Gamsterritorium erreichen. Vorbei an uralten Eiben, wildwuchernden Grünerlen und geschälten Käfer-Fichten, die neuem Leben Platz machen. Bei feucht-nasser Witterung sieht man häufig Alpen- und Feuersalamander. Auch Birk- und Auerwild lassen sich oft überraschen, seltener Haselhühner.
Immer sondiert der Blick den Wald über uns. Außerdem achte ich laufend auf die Reaktion meines Hundes, der hinter mir frei bei Fuß läuft und dessen Nase ich viel Jagderfolg zu verdanken habe. Der Wind steht schlecht. Da in den Alpen hoher Freizeitdruck herrscht, ist das Wild jedoch relativ entspannt. Allerdings würde auch früheres Aufstehen helfen, Bergwind zu vermeiden…
Wir sind seit gut 4 Stunden unterwegs, haben einige Quersteige genommen und sind in einem Bereich angekommen, wo Buchenwald von eingesprengten Latschenfeldern unterbrochen wird. Die Zunge klebt am Gaumen. In etwa 800 Metern müsste ein Sturzbach kommen, bei dem ich einen Halt einlegen und trinken möchte. Plötzlich fiept der Hund hinter mir, schaut gebannt in die Latschen. Ich höre einen Pfiff, ziehe im Herumdrehen die Merkel von der Schulter und komme in der letzten Sekunde auf vielleicht 40 Meter auf einen jungen Bock zu Schuss! Gut, dass die Vergrößerung des Zielfernrohrs auf 2 steht… Der Hund ist bereits am Stück und zaust die Waldgams, die gottseidank nicht allzu tief abgerutscht ist.
Nachdem der Gams versorgt ist, wird das Wild mittels Hundeleine auf der Kraxe verschnürt. Es folgt der lange Rückweg zum Auto, der dank einiger Aufstiege zwischen abschüssigen Passagen zur reinen Tortur wird. Am Ende liege ich beim Auto im Gras, neben mir Hund, Gams und Ausrüstung. Fix und fertig bin ich. Aber auch überglücklich unter solch fantastischen Bedingungen jagen zu dürfen! Selbst Tage ohne Erfolg – und die überwiegen deutlich – sind nie verloren in den Chiemgauer Bergen.